Die Nähmaschine

 

Mama kann ganz wunderbar nähen. Sie näht für das Mädchen Kleidung, die Mama gut gefällt und das Mädchen freut sich, dass Mama für sie näht, auch wenn es die Klamotten nicht ganz so schön findet. Aber das sagt das Mädchen nicht, sonst wird Mama traurig und böse, weil sie sich so abmüht und das Mädchen es mal wieder nicht zu schätzen weiß. Nähen gefällt dem Mädchen und ein paar Jahre später möchte es auch lernen, zu nähen. Sich selbst die Kleidung nähen zu können, die man sich nicht kaufen kann, weil man kein Geld hat, das ist eine verlockende Vorstellung. Mama erklärt dem Mädchen, was man beachten muss, wie man einen Schnitt „rausmacht“, welche Maße man nehmen muss und warum man die Schnittstücke immer etwas größer zuschneiden muss. Das ist sehr viel, was es da zu beachten gilt. Ja, sagt Mama, jetzt würde das Mädchen mal sehen, was sich Mama immer für eine Arbeit macht.
Aber an die Nähmaschine von Mama darf das Mädchen nicht. Die Nähmaschine war teuer und das Mädchen macht sie bestimmt kaputt. Das Mädchen ist mittlerweile eine junge Frau. Sie ist es gewohnt, sich alles selbst kaufen zu müssen, was sie haben möchte, und so spart sie 200DM für eine gebrauchte Nähmaschine. Es gibt einen Laden im Ort, da kann man gebrauchte Nähmaschinen kaufen. Die Dame dort nimmt sich viel Zeit und erklärt dem Mädchen, worauf es achten muss. Das Mädchen bekommt eine gebrauchte Pfaff-Nähmaschine für 209,00DM. Ihre erste eigene Nähmaschine. Mama begutachtet die Nähmaschine und es gefällt ihr, wie robust diese ist und was sie, trotz des Alters alles kann. Da gibt es keine Elektronik, die spinnt, wie bei der Nähmaschine von Mama. Auf diese Pfaff-Nähmaschine kann man sich verlassen. Das Mädchen ist stolz. Sie hat etwas Gutes gekauft. Und die Nähmaschine gehört ihr.

Wenig später funktioniert Mamas Nähmaschine mal wieder nicht. Die Elektronik. Die Nähmaschine muss zur Reparatur. Mal wieder. Mama kommt und leiht sich die Nähmaschine des Mädchens aus. Es brauche sie jetzt erst einmal nicht, es muss ja für die Schule lernen und Mama näht so gerne mit der Nähmaschine des Mädchens. Das Mädchen versucht zu erklären, dass es das Verhalten nicht fair findet. Das Mädchen dürfe Mamas Nähmaschine auch nicht benutzen. Mama guckt streng und fragt, ob das Mädchen ihr tatsächlich „so“ kommen wolle. Mamas Nähmaschine ist teuer und viel besser, nur eben im Moment mal wieder kaputt. Das Mädchen muss Mama die Nähmaschine geben und Mama näht nun fast nur noch mit der Nähmaschine des Mädchens. Diese Nähmaschine ist so wunderbar verlässlich.


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