Die neue Schule


 

Das Mädchen kommt ins Gymnasium. Mama wollte, dass das Mädchen in eine Schule geht, in der Musik ein Hauptfach ist. Aber da waren so komische Nonnen und es wäre eine Schule auch nur für Mädchen gewesen und dann muss das Mädchen dort nicht hin. Jetzt geht es auf eine Schule, wo es Latein lernen muss. Da sind viele Kinder aus der Stadt. Das Mädchen fährt vom Land aus in die Schule. Die anderen Kinder sind alle reich. Das Mädchen nicht. Latein ist ein blödes Fach. Das Mädchen ist schlecht in Latein. Es schreibt nur Fünfen. Papa ist furchtbar wütend und sagt, wenn das Mädchen durchfällt, dann muss es von der Schule gehen. Eine Klasse wiederholen kommt nicht in Frage, sagt Papa. Die schlechten Noten wären schon eine Schande, eine Klasse zu wiederholen wäre noch viel schlimmer. Was denn dann die Leute sagen würden. Gut wird das Mädchen nie in Latein, aber es muss auch nie eine Klasse wiederholen. Manchmal lernt Mama mit dem Mädchen Vokabeln, aber nur, nachdem sie ihre Kassetten angehört hat.
In der neuen Schule wird das Mädchen gehänselt. Es würde ja in einem Bauerndorf wohnen, wo es nach Bauernhof riecht. Die anderen Kinder mögen das Mädchen nicht. Sie sagen, das Mädchen würde sich wohl für etwas Besseres halten und müsse ständig im Mittelpunkt stehen. Das Mädchen möchte gerne Freunde und Freundinnen gewinnen, aber Mama sagt, dass die anderen Kinder alle überheblich wären und sich nur etwas darauf einbilden würden, weil sie Kinder von Rechtsanwälten und Richtern, von Chirurgen und anderen wichtigen Berufen wären. Das Mädchen ist verwirrt. Soll sie jetzt mit den anderen Kindern Freundschaften schließen oder sind die alle so doof, wie Mama sagt? Wenn das Mädchen traurig darüber ist, dass es keine Freunde hat, sagt Mama, es wäre selbst schuld. So, wie das Mädchen wäre, sei es verständlich, dass man mit ihr nicht befreundet sein will.

Wenn die anderen Kinder aus der Klasse etwas miteinander unternehmen, ist das Mädchen nicht dabei. Wenn die Schule aus ist, muss es mit dem Bus nach Hause fahren. Bis es zu Hause ist, ist schon fast halb drei. Dann wird gegessen und dann müssen die Hausaufgaben gemacht werden, das darf nicht abends geschehen. Und wenn die anderen Kinder sich dann treffen, dann ist das in der Stadt und dahin müsste das Mädchen mit dem Bus, aber der fährt zu selten. Und Mama ist nicht der Chauffeur des Mädchens, sagt sie.

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