Konzert

 

Im April 1988 darf das Mädchen das erste Mal auf ein Konzert gehen. Mit Jonny. Jonny ist ein Mädchen aus ihrer Schule und kommt aus reichem Elternhaus. Das Konzert ist in Augsburg in der Sporthalle. Ein Grönemeyer-Konzert. Es ist ein Sonntag und am nächsten Tag ist Schule.

Jonny hat am Nachmittag angerufen und das Mädchen gefragt, ob es mitkommt. Eigentlich hat sich das Mädchen keine Chancen ausgerechnet, aber heute ist ein wundervoller Tag. Es bedarf zwar einige Stunden, Mama und Papa zu überreden, aber am Ende darf es gehen. Das Taschengeld reicht, damit das Mädchen sich die Karte kaufen kann. Das Mädchen wird sogar hingefahren und abgeholt. 22:00 Uhr ist abgemacht. Vor der Sporthalle.
Es ist wundervoll. Die Stimmung. Die Bässe. Die Songs. Das Gefühl einer großen Gruppe. Und es gibt Zugaben. Alle sind gut drauf. Es macht Spaß.

Es ist nach 22:00 Uhr, als das Mädchen mit Jonny die Sporthalle verlässt.

Mama und Papa warten schon. Beim ersten Anblick ahnt das Mädchen schon, dass es gewaltigen Ärger geben wird. Mama und Papa sagen im Auto keinen Ton. Daheim setzt man sich ins Wohnzimmer.

Ob das Mädchen noch bei Sinnen wäre. Das käme dabei heraus, wenn man dem Mädchen einmal vertrauen würde. Das Mädchen hätte behauptet, auf ein Konzert zu gehen. Mama und Papa hätten sie den Saal angeguckt, nachdem es nach 22:00 Uhr war und man einfach reindurfte. Das war überhaupt kein Konzert, das war eine Massenveranstaltung, die einer Gehirnwäsche geglichen hätte. Alles Leute wären gestanden, hätten gebrüllt und auch noch die Arme in die Luft gerissen. So teure Karten dafür, dass man nicht mal einen Sitzplatz hat. Für was das Mädchen ihr Taschengeld rauschmeißen muss, fragen sich Mama und Papa. Mama und Papa hätten ausnahmsweise zugestimmt, dass das Mädchen am Sonntagabend etwas machen darf, weil sie sich darüber gefreut hätten, dass das Mädchen endlich ein wenig kulturelles Interesse zeigen würde und nun das. Das käme eben dabei heraus, wenn man dem Mädchen vertrauen würde. Mama und Papa sagen, dass sie sehr enttäuscht wären. Mal wieder. Wie schamlos das Mädchen auf die eigenen Vorteile bedacht wäre und sich dabei nicht schämen würde, unverfroren zu lügen.

Das Mädchen will erklären, dass ein Konzert eben so wäre, aber es darf nichts mehr sagen. Es solle nun endlich ins Bett gehen, morgen wäre Schule.


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