Teures Kind - die Rechnung
Mama versucht es in den kommenden Jahren immer
und immer wieder. Man hatte versucht, Gras über diesen bösen Streit wachsen zu lassen.
Die Tochter hat sich an der Ehre packen lassen und an ihrem Mitgefühl. Es ist schließlich
ihre Mutter.
Die Tochter hat versucht, einen Umgang zu finden, der ihr das Atmen ermöglicht.
Die Tochter hat versucht, Grenzen zu ziehen.
Über kurz oder lang wurden die Grenzen wieder ignoriert und die bekannten Verhaltensmuster
traten zu Tage.
Es geht so nicht.
Da kommt ein Brief von Mama.
Mama schreibt, was das Mädchen sie von Geburt an gekostet hat. Diesmal geht es nicht
um Sorgen und Mühen und Belastungen, sondern um Geld.
Das Mädchen kann nachlesen, was die Kuraufenthalte gekostet haben, was man in Klavier-
und Tennisstunden investiert hat.
Sie weiß, was ihre Skiausrüstung für das Skilager gekostet hat und auch ihr neues
Zimmer. Sie kann nachlesen, wie teuer die Austausch-Aufenthalte in England und Frankreich
waren, teilweise schreibt Mama sogar auf, wieviel die Geschenke zu Weihnachten und
zu den Geburtstagen gekostet haben.
Mama schreibt, wie viel Unterstützung das Mädchen immer bekommen hat, selbst dann,
als sie schon ausgezogen war. Was sie von zu Hause mitnehmen durfte, was man ihr
überlassen hat.
Und am Ende dieser langen und, wie Mama selbst
schreibt, nicht vollständigen Liste, kann das Mädchen die Forderung lesen, sich
dafür erkenntlich zeigen zu müssen.
Mama ist der Meinung, sie habe sich ein Recht auf Kontakt erkauft. Der Brief würde
unmissverständlich beweisen, dass es dem Mädchen nie an etwas gefehlt habe. Mama
wäre immer da gewesen. Mama hätte ihr Mädchen doch lieb.
Doch Zeit und Liebe kann man nicht kaufen. Wenn man auf eine Tasse einschlägt, zerbricht
diese. Man kann sie kleben. Je öfter man die Tasse allerdings zertrümmert, desto
kleiner werden die Scherben, bis irgendwann nur noch Staub übrigbleibt.
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