Mama petzt
Zwei Jahre später heiratet das Mädchen seinen
Freund, aber die Ehe hält nicht. Das Mädchen lernt einen anderen Mann kennen und
auf einmal ist alles anders. So tief, so unumstößlich, so richtig hat sich noch
nie etwas angefühlt. Das Mädchen zieht kurzfristig zu einer Freundin.
Über Ostern fährt es mit dem neuen Mann weg. Es will Zeit mit ihm verbringen und
muss sich über Einiges klar werden. Im Kopf ist Chaos und das Leben des Mädchens
ist auf den Kopf gestellt.
Das Mädchen erzählt Mama, was passiert ist. Es sagt, dass ihm jetzt Vieles klar
wäre, anderes müsse es noch sortieren. In jedem Fall würde sich das Mädchen von
seinem jetzigen Mann trennen, aber wie es das dem Mann erklären will, das muss es
sich noch überlegen. Der Freund und jetzt Ehemann des Mädchens ist kein schlechter
Kerl. Es hat nur nicht gepasst und der neue Mann im Leben des Mädchens ist seine
große Liebe, für die Trennung vom Ehemann aber nicht der Grund, sondern ein Auslöser.
Für das Mädchen ist es wichtig, dass dies klar ist und so möchte es die ungute Situation
auch dem Ehemann erklären. Zunächst aber will es einfach für ein paar Tage weg.
Das Mädchen bittet um Verständnis.
Am Vormittag des Ostersonntags ruft der Ehemann das Mädchen an. Er habe gerade mit
der Mutter des Mädchens telefoniert. Das Herz des Mädchens schlägt heftig. Es schnürt
ihm die Kehle zu.
Das Mädchen geht in Habacht-Stellung. Ein Telefonat allein sagt noch nichts aus.
Das Mädchen hat dem Ehemann gesagt, es würde ein paar Tage mit einer Freundin wegfahren.
Das Mädchen hat auch Mama gesagt, dass sie das dem Ehemann gesagt habe.
Der Ehemann sagt, die Mutter des Mädchens habe den Ehemann gefragt, ob sie das Mädchen
sprechen könne. Daraufhin habe der Ehemann gesagt, dass das Mädchen nicht da wäre.
Wo es denn wäre, habe Mama gefragt. Der Ehemann habe geantwortet, dass es mir einer
Freundin weggefahren wäre.
Mit welcher Freundin, hat Mama gefragt. Mit der Studienkollegin, antwortet der Ehemann.
Wohin das Mädchen gefahren wäre, fragt Mama. Irgendwo in die Berge, hat der Ehemann
gesagt.
Das Mädchen wartet, das Atmen fällt schwer. Der Ehemann macht eine Pause.
Das Mädchen schweigt. Der Ehemann sagt, Mama habe ihn gefragt, ob er das glaube,
dass das Mädchen mit einer Freundin weggefahren wäre. Warum nicht, habe der Ehemann
geantwortet.
Dann habe Mama dem Ehemann erklärt, was wirklich los wäre. Der Ehemann fragt, ob
das stimmen würde.
Lügen will das Mädchen nicht, sich jetzt am Telefon erklären will es auch nicht.
Es antwortet ausweichend und sagt, man müsse etwas besprechen, wenn das Mädchen
wieder zu Hause wäre.
Dann legt das Mädchen auf. Ihm ist schwindlig und schlecht.
Es erklärt dem Mann, mit dem es unterwegs ist, was passiert ist. Der Mann hört ihr
zu und bleibt ruhig.
Was das Mädchen nun tun wolle.
Schreien, um sich schlagen, treten und mit den Füßen aufstampfen will das Mädchen.
Es hat sich Mama anvertraut. Es hat erklärt, in was für einer verzwickten Lage es
sich befindet. Es hat erklärt, dass es für sich Klarheit finden muss und es hat
Mama vertraut.
Das war ein großer Fehler. Das Mädchen fühlt sich verraten.
Ein paar Stunden später ruft das Mädchen Mama an und stellt Mama zur Rede. Mama
hat kein schlechtes Gewissen, denn Mama hat nichts falsch gemacht. Das Mädchen schon.
Das Mädchen ist verheiratet. Der Ehemann hat ein Recht darauf zu erfahren, wo das
Mädchen ist und wie sich die Situation wirklich darstellt. Und wenn das Mädchen
nicht in der Lage ist, hier ehrlich zu sein, dann hat es eben Mama für das Mädchen
übernehmen müssen.
Das Mädchen könne nicht klar denken und das Verhalten ist falsch.
Jetzt, wo die Wahrheit auf dem Tisch liegt, hat das Mädchen vielleicht die Möglichkeit,
reumütig zum Ehemann zurückzukehren.
Warum, fragt sich das Mädchen. Der Ehemann wurde von Papa und Mama nicht gemocht.
Papa und Mama waren nicht einverstanden mit ihm, mit der Ehe mit dessen Familie.
Das Mädchen ist erwachsen und kann und will seine eigenen Entscheidungen treffen
und auch den Zeitpunkt der Kommunikation wählen. Das wurde dem Mädchen genommen.
Nein, sagt Mama, man brauche keine weiteren Erklärungen des Mädchens und ja, sagt
Mama, ihr Verhalten war richtig.
Das Mädchen ist wütend, weil Mama gepetzt hat, obwohl Mama wusste, dass das Mädchen
das nicht will.
Mama sagt, dass es nur ein Ausbruch der allbekannten Unvernunft des Mädchens ist
und Mama jetzt für die Vernunft den Boden geebnet hat.
Das Mädchen trennt sich von dem Ehemann, weil es sich in den anderen Mann sehr verliebt
hat. Es kommt alles so, wie es das Mädchen vorhatte, nur wurde ihr der Zeitpunkt
aufgenötigt.
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